Thomas Havliks unplugged Auftritt auf dem Pulverturm in Meran rundete das Festival Sprachspiele 2015 wunderbar ab.
Im Gegensatz zum Freitag erschlossen sich Havliks Texte nicht nur durch das omnomusikalische sondern durch das Wort selbst, welches er in stringenter Klarheit zu verwenden weiss -was aus dem Zusammenhang gerissen scheint, verbindet sich in Wahrheit zu neuen Kontexten, welche in den Köpfen der Hörer individuelle Erkenntnisse erschliessen.
Auch unplugged intensivieren Havliks Körper und Mimik Ruhelosigkeit und Schmerz der Texte:
Sprachspiele meint unter anderem auch die Vielfalt der Kommunikationsmöglichkeiten, wozu unbedingt Musik gehört.
Am Samstagabend spielten Sunday Bob aus Wien in der Sketch Clublounge ihren minimalistischen Electropop. SUNDAY BOB über sich You can dance to. People all over Europe and America did. There is
party, but if you would like to listen to the lyrics you will discover
that´s not only bullshit. Surprise! How cool is that. This is a cool
band. Bob is the alter ego of SUNDAY BOB
Samstag um 15 Uhr war der traditionelle Peripatos in Meran fällig. Bei dieser alljährlichen Aktion von Sprachspiele trifft sich eine Schar Poeten mit Publikum beim Sissi-Denkmal und wandelt abwechselnd rezitierend und zuhörend durch Meran.
Diesmal führte die Route durch den Park die Passer hoch, wobei ein spontanes gemeinsames Gedicht 'Passerpatos' entstand, welches Sonja Steger vortrug.
Nach der Passerüberquerung, ein Naturerlebnis bei strahlendem Sonnenschein, lasen Giovanni Battista Basile und Laura Mautone beim Stadttor. Es folgte der erster Galeriebesuch im Ost West Club. Hier arbeitete Paul Mennea an seiner dortigen Ausstellung und Oswald Waldner trug eine dramatische Biographie vor:
Anschliessend ging es weiter durch die Galerien von Franz Pirchler und Erwin Seppi, wo weitere Kostproben zu hören waren von Bruno Schlatter, Oswald Pertramer, Peter Oberdörfer und Ursula Niederegger:
Der Wiener Poet & Soundperformer Thomas Havlik begeisterte im Atelier von Sabine Auer in Verdins.
Foto Sonja Steger
Seine vielschichtigen Arbeiten kommen entweder als dichte Visual Poetry daher
oder werden als Soundcréationen live inszeniert, gewunden und gewrungen, geplättelt und genäselt, inhaliert und dann wieder förmlich ausgespuckt.
Er bedient sich dabei eines Ableton's, der es ihm erlaubt, vorgefertigte Sounds und Spuren zu verwenden, welche er (ähnlich wie Eisentanz!) mit live produzierten Loops und natürlich seinem eindrucksvollen Stimm- und Geräuscherepertoire mixt: der Vorleser als DJ!
Im Anschluss gabs wunderbares hausgemachtes Brot mit Kürbissuppe.
Am Freitag von drei bis vier Uhr forschte der Bataphysiker der ersten Stunde, Bruno Schlatter, gemeinsam mit Passanten vor dem Bataschuhladen unter den Lauben in Meran an den neuen Rätseln der Bataphysik, welche sich seit der Rundum-Einführung der neuen Bataschuhschachtel in einer ernsten Sinnkrise befindet:
Die neue Schachtel mit Loch (Foto: Florentine Prantl)
In empirischen Versuchen wurde eruiert, ob sich nun ein Nasenbär in der geschlossenen Schachtel befindet oder eben nicht?
... ist Eisentanz in Lana.
Sprachspiele brachte den Schweizer Musikperformer in die Kunsthalle Eurocenter in die Industriezone Lana bei Meran. Die halboffene Parkgarage stellte das ideale Szenario für seinen Auftritt.
Im Rahmen der Vernissage von der Ausstellung XXL- Kunst und Industrie im Dialog zeigte Eisentanz als Einstieg seine musikalische Filmbearbeitung 'Thèmes et Variations' nach Germaine Dulac (1928). Die erschreckend modernen Bilder von Maschinen, Kolben und automatisierten Prozessen anfangs 20. Jahrhundert kontrastieren mit den poetischen Tanzszenen. Eisentanz Musik haucht diesem Stummfilm zusätzliches Leben ein, die Bewegungen verdichten sich in den Köpfen der Zuschauer und bringen die Hirnwindungen zum Rotieren...
In einem zweiten Teil bot Eisentanz eine seiner gleichzeitig minimalistischen wie überraschenden Musikperformances, in welcher er zu midigesteuerten Grundklängen sein Instrumentarium von Kaffeetasse über kochendes Wasser zu Talerschwingen auf alter Festplatte zum eigenartigen Klingen bringt.
Seit Jahren entwickelt er seine Klangkörper selber, was mit Eisen begann, umfasst heute eine Vielzahl industrieller Materialien. Es entstehen doomige bis chillige Klänge, die zur Meditation einladen, aus der der Zuhörer unvermittelt durch Kratzen, Bohren oder Knallen gerissen werden kann.
Zur Einleitung erklärte Peter Oberdörfer, mit Sonja Steger Veranstalter von Sprachspiele und Präsident der Südtiroler Autoren Vereinigung, wieder einmal, was Sprachspiele überhaupt meint:
Ausgehend von Werken des -vermutlich 1902 -1933 existierenden- Pataphysikers Julien Torma untersuchte die Künstlergruppe 'Vent schreibt Torma' (Facebook) die Möglichkeit, diese Gedichte in Oetztaler Mundart erklingen zu lassen.
Das kleine österreichische Bergsteigerdorf Vent liegt bei Sölden im Ötztal, seine Bewohner haben mit der KünstlerInnengruppe zusammen 'La bord du mer' übersetzt, Florentine Prantl von Pro Vita Alpina half dem Projekt übers Timmelsjoch nach Meran:
Ausschnitte aus der Lesung
Nicole Szolga, Andreas Pavlic und Michael Bodenstein sind die Künstlergruppe 'Vent schreibt Torma'. Zu dritt präsentierten sie ihre mediale Arbeit, die nun als Buch inklusive DVD im Meraner Kunsthaus Weltpremiere feierte.