Anreise und Tag 1
Punk lebt!
Das war dann doch
nichts mit Zen-Buddhismus. Die tägliche Veränderung der Zugangswege zum Bahnhof wegen der mehrjährigen Baustelle führte mich in eine Sackgasse, die beim
Coiffeurgeschäft endete.
Danke noch den Leuten,
die in die selbe Falle getappt waren und auf dem Rückweg grossherzig darauf
verzichteten, mich zu warnen. Dies tat ich einem mir Entgegenkommenden zuliebe:
‚Der Weg geht hier nicht durch‘. Der Herr schaute mich nur frühmorgenmüde an und
lief unbeirrt weiter. Wie ich die andere Strassenseite erreicht hatte auf
meinem Umweg, sah ich ihn gerade wieder zurückkrebsen: jeden Tag eine gute Tat
nutzt nur, wenn er auf mich hören tät…
Es reichte mir dann
trotzdem zu Espresso und dem Kauf eines überteuerten Silser-Butterbrötchens,
ehe ich mein Gepäck in den 7.30 Uhr Zug nach Zürich stemmte: immer noch zu
viel! Ich hatte zwar einiges unternommen in Richtung Minimierung des Gepäckes,
aber für andere Male musste ich mich zwingend auf das kleine Aktenköfferchen
reduzieren können, das ich mir letzte Woche in der Brockenstube erstanden
hatte. Darin hatte die Königskappe Platz und einige Texte: das sollte genügen:
der Rest muss im Laptop gespeichert werden. Dazu vielleicht noch die Kamera und
eventuell ein neues, leichtes rotes Tuch als Königsumhang, das sich klein
zusammenfalten liess. Den Rest sollen die Veranstalter vor Ort stellen,
allerhöchstens meinen neuen Reisebamer würde ich noch zupacken.
Im Zug dann die
gewohnte Fröhlichkeit von Menschen, die zur Arbeit fahren: allen ist es zu eng,
mürrische oder abwesende Blicke, kopfhörerverstöpselte Ohren. Die Ruhe vor dem
Stollen.
Nach Landquart dann
ein uralter Wagen, schon wieder kein Strom: zum Glück habe ich endlich wieder
ein Laptop auf Reisen dabei, dessen Batterie funktioniert. Doch zuerst bereite
ich noch die Texte vor, was sich als leicht erweist, weil der, den ich noch
näher anschauen wollte, eh nicht mehr auf der Leseliste steht!
Also versuche ich mal
den Funkstick in Betrieb zu nehmen, scheitere aber kläglich: keine der
mitgeführten SIM-Karten wird erkannt. Es zeigte sich schnell, dass ein Blogger
vor allem zuerst mal die technischen Probleme lösen muss, so es denn möglich
sei, und wenn nicht, gilt es, die richtige Alternative zu finden.
Ich konzentrierte mich
vorerst auf die Fertigung der Powerpoint-Präsentation, die durch meine Lesung
führen soll: auch hier wieder Software-Probleme. Zwar war ich nicht vom Netz
abhängig, es war ja alles auf Stick und Festplatte, es fehlen aber noch einige
Fotos, die ich nur zum Teil mit dem Snipping-Tool aus den Videos rekonstruieren
kann. Und wenn ich Videos importiere, muss ich zuerst einige ins richtige
Format umwandeln, was erst nach mehreren Anläufen gelingt.
Als wir aus dem Tunnel
von Klosters ins Engadin rausgleiten, empfängt uns offener Himmel und
Sonnenschein. Die Lärchen stehen allerdings noch nicht golden, dafür ist meine
Präsentation im Grundriss fertig.
Der Bus gondelt von
Zerzers aus durch den Nationalpark nach Mals. Kaum haben wir die Grenze
überschritten, heisst es, uns anzuschnallen, ansonsten sei die Busse von 80
Euro selber zu berappen. In Malls genug Zeit, das Ticket nach Meran zu kaufen:
ebenso wenig wie die italienische Bahn den Fahrplan von Bozen nach Aarau findet –das hat mich Lene im
Sommer wissen lassen, ist es möglich in Aarau ein durchgehendes Ticket nach
Meran zu lösen: weshalb wissen nur die Grenzgeier!
In Meran werde ich von
der Veranstalterin der Sprachspiele, Sonja Steger, abgeholt zu einem
wundervollen Rindsbraten mit Reis und Knödeln. Grazie mille Markus Joos!
Kurz darauf starten
wir durch: zuerst geht’s in den Sissi-Park, wo wir Peter Oberdörfer und Haimo
Perkmann, die beiden andern Veranstalter, treffen, welche dort mit den Gästen
aus Prag warten, dem Regisseur des Films Keith Jones und dem südafrikanischen Musiker
mit Bozener Wurzeln Steve Moni. Auch Peter Kompripiotr Holzknecht sehe ich da
zum ersten Mal leibhaftig, bisher haben wir uns nur via Mail und einmal per
Skype ausgetauscht. Wir wechseln einige wichtige Bemerkungen zum morgigen
Auftritt und stellen klärende Fragen.
Später stösst ein ORF
1 Team zu uns, welches einen Beitrag übers Festival dreht, der morgen Abend
aufgeschaltet wird, vielleicht reichts sogar ins 3Sat und somit auch fürs
Schweizer Publikum.
Sonja mopst für die Fernsehkamera
Nach dem Dreh suchen
wir den Ost West Club auf, wo Lene Morgenstern schon auf uns wartet, sie wird
noch diesen Abend ihre Kaffeesatzinstallation inszenieren. Gemeinsam bestimmen
wir das Fensterbrett als geeigneten Ort, während sie startet, besprechen
Kompripotr und ich letzte technische Details und wie wir die Bühne gestalten
wollen.
Dann wird am Abend
endlich das Festival gestartet. Der Film ‚Punk in Africa‘ findet ein
zahlreiches Publikum. Nach einer kurzen Einführung durch Haimo Perkmann und Regisseur Keith Jones folgt
ein Punkgewitter sondergleichen, das innert einer Stunde die über 40-jährige
Geschichte des Punks in Südafrika beleuchtet und aufzeigt, dass auf dem dunklen
Kontinent durchaus zeitgemässe Musik in den verschiedensten Varianten gespielt
wurde und wird.
Haimo Perkmann und Keith Jones zum Film
In der
Diskussion werden die Hintergründe und persönlichen Bezüge der anwesenden Keith Jones
und Steve Moni beleuchtet.
Steve Moni, Mitglied von National Wake
Haimo Perkmann und Peter Kompripiotr Holzknecht stellen anschliessend die von ihnen gestalteten Siebdruck-T-Shirts vor, welche auf subtil-kritische Art neue nationalitische
Tendenzen im Südtirol karikieren: Dem Land Tirol die Troie…(eine leichte aber
umso gewichtigere Abänderung einer von Rechten oft getragenen
T-Shirtaufschrift, Troie steht übrigens für Tragsäue oder umgangssprachlich Nutten und Huren…)
T-Shirter Haimo und Kompripiotr
Punkcakes
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